Die Woche kommt mit einer Kaskade an Herausforderungen und Tiefe(n) und gleichzeitig Festen und Farben. Das gehört zum Frühling und zu Ostern einfach dazu (zum Leben sowieso).
Heute, als ich schreibe, sind die Herausforderungen und diese Kaskade an Farben und Formen sogar wettertechnisch zu beobachten. Gerade schien die Sonne ganz wundervoll auf meinen Schreibtisch und jetzt regnets in Strömen! Das ist eine Veränderung, gegen die ich mich erstmal sträube. Ich würde gerne, dass der Frühling stetig näher kommt, dass nicht nur die ersten Blätter grün und die Blüten bunt werden, sondern dass es auch warm wird, dass ich draußen sitzen kann.
Aber dieser Widerstand, genau dieser Widerstand ist es, der die Sache schwierig macht. Bewegung und Veränderung wird immer sein. Ob beim Frühlingswetter, bei den Frühlingsfesten oder bei den Veränderungen im Außen und in meinem Leben.
Ich kann der Veränderung nicht aus dem Weg gehen.
Ich bin, das Leben ist, alles ist Schwingung. Und Schwingung ist Bewegung. Und das ist gut so. Ich liebe Schaukeln (selbst heute noch!) – und bin glücklich, wenn ich die Bewegung fühle – je höher desto besser. Natürlich kribbelt es dann auch mehr im Magen, doch das ist ja auch schön.
Jedenfalls, wenn ich es so betrachte.
Wie so oft im Leben (immer vielleicht sogar?) hängt es von der Haltung ab, die ich dazu habe. Beim Schaukeln ist das relativ einfach, doch das ist natürlich nicht immer so, wenn etwas deutlich in Bewegung gerät.
Es ist nicht einfach, die Widerstände gegen Veränderungen (wenn sie denn nicht so sind, wie ich sie mir vorstelle) abzulegen. Doch einen Versuch ist es immer wieder wert, denn: Der Gewinn ist unglaublich.
Ja, und die Kaskade an Festen und Farben, Herausforderungen und Tiefe wird so zu einem Meisterspiel. Ich habe das Leben selten als Spiel gesehen, das kam in meinem Horizont nicht vor. Doch jetzt, wo ich mich so langsam dahinein und darin zurechtfinde, merke ich, wie großartig das eigentlich ist.
Bei den klassischen Frühlingsfesten wie Karfreitag und Ostern ist das deutlich zu spüren, und wenn dir Ostern nichts (mehr) sagt, dann sendet es trotzdem seine Schwingungen (vor allem die von Karfreitag, der unsere (christliche) Kultur jahrhundertelang geprägt hat) ins kollektive Unbewusste. Darum ist es gut, sich dessen bewusst zu werden.
Auf jeden Fall:
Die Bewegung geht aus der Dunkelheit in das Helle, in die Auferstehung.
Die tiefste Tiefe von Verzweiflung, Verrat, Sterben und Tod liegt davor.
Ja. Das sind krasse Gegensätze, nicht nur damals, sondern immer wieder neu. Die Beispiele in der Gegenwart sind endlos und tief erschreckend.
Dass sie sich teilweise wieder in Israel und Gaza abspielen, vertieft die Dimension des Schreckens, gibt dem „nie wieder“ eine nie gedachte Färbung.
Und für die, die mitten drin stecken, ist das kein Spiel.
Ich will ihr Leid nicht kleinreden. Und gleichzeitig ist es nicht mein Leid.
Ich lebe nach wie vor in Mitteleuropa, in Deutschland und meine Probleme sind lange nicht so existenziell und lebensgefährdend.
Ich darf die Sonne sehen und mich daran freuen – und mein Umfeld darauf aufmerksam machen und – vielleicht – mit meiner Freude anstecken. Gleichzeitig kann ich hinschauen, was es – hier und für mich – zu tun gibt um Leid zu lindern. Da bin ich, sind wir (auch als Deutsche, als Deutschland!) richtig gefordert – aufgefordert zu Differenzierung und Aufrichtigkeit. Vielleicht auch noch zu mehr.
Doch keiner Frau, deren Kind nicht medizinisch versorgt werden kann, ist geholfen, wenn ich mir die Freude am Frühling versage.
Keine Ahnung, wie Jesus das gesehen hat.
Vielleicht hat er es vor seiner Inkarnation gut „von oben“ betrachten können.
Am Ende mit Sicherheit nicht, sonst hätte er nicht gerufen „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“.
Und doch möchte ich uns den Blick auf unser Leben als einen Spiel-Raum eröffnen, wenigstens teilweise. Ein Spiel, das wir fröhlich und auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit spielen können. Oder das wir absolut persönlich nehmen und uns darein verbeißen können.
Wir leben in einer polaren Welt. Wir können Leben nicht „haben“ ohne Tod. Wir können Schönheit nicht erkennen ohne Hässlichkeit. Wir können Freude nicht spüren, wenn wir Leiden nicht kennen. Auch wenn es sehr oft so ungerecht verteilt ist.
Jesus hat noch am Tag vor seinem Tod gefeiert.
Er hat sich nicht schon vorher verbissen in die Idee „oh, jetzt muss ich leiden“, auch wenn er denen, die litten, geholfen hat, soweit er konnte.
Als es soweit war, ist er dem Leid nicht ausgewichen, sondern tief hindurchgegangen, verzweifelt und elend.
Aber erst dann.
Vielleicht sollten wir das auch tun.
Nicht die ganze Zeit leiden, obwohl das so einfach wäre, wenn wir in die Welt hineinschauen und merken, wie schwierig das an vielen Stellen ist/wird, wie die Nachrichten sich überschlagen und wir gleich denken, „jetzt geht die Welt unter ( oder zumindest wird sie furchtbar)“.
Vielleicht können wir uns - wenn wir das Leid gespürt haben und uns hinein gefühlt haben, - vielleicht können wir uns dann aufrichten.
Die Auferstehungskraft spüren.
Darauf vertrauen, dass das Leben sich durchsetzt.
Im Kleinen und im Großen.
Ich habe die Magnolienknospen vor meinem Fenster beobachtet, wie sie jeden Tag ein Stückchen dicker wurden. Schließlich ihren kuscheligen und sicheren Platz in der Knospe aufgeben mussten, ihre Knospenhülle richtig abgesprengt haben – der Boden unter der Magnolie war voll davon.
Da kam mir ein inneres Bild: Ich hatte um meinen Kopf eine Art Ring, festanliegend und starr. Und plötzlich machte dieser Ring „knack“ und platzte auf. Das war ein richtiger Schockmoment.
So ähnlich, denke ich, ist es ist bei Knospen auch. Irgendwann ist dieser Übergang da, springt die Schale. Und eine wunderschöne Magnolienblüte entfaltet sich. Ich weiß nicht, wie das für die Knospe ist, sie macht es einfach.
Ich weiß auch nicht, ob ich dieses Bild auf uns Menschen übertragen darf. Doch ich wünsche mir, dass es möglich ist. Ja, sogar Freude macht!
Unser wunderbarer menschlicher Verstand erzählt uns ja gern, dass Veränderung, dass Wachstum und Aufrichtung in unsere Größe schmerzhaft sein werden, dass es wehtun wird. Er will sich einfach in der Komfortzone halten. Und da ich ein sehr verstandesbetonter Mensch bin, höre ich ziemlich häufig auf ihn und tue mich mit Veränderungen schwer.
Der Frühling ist so eine wundervolle Ausnahme!
Und in Anbetracht all der Nachrichten, die reinkommen, die ich mir zwar wohldosiert, aber eben doch zu Gemüte führe, ––– in Anbetracht all dieser Nachrichten positiv auf Veränderung zuzugehen und darin eine Möglichkeit zu mehr Fülle, mehr Gnade, mehr Schönheit in meinem Leben zu entdecken, ist eine neue Idee für ich. Das will ich in diesem Frühling ganz besonders üben.
Und Ostern feiern, Auf-Erstehung.
Trotz allem, was dagegen steht. Vielleicht sogar genau darum.
Wer tot im Grab liegt, der tut sich schwer, aufzustehen und sich aufzurichten. Wie denn auch? Tot ist tot; und der Tod macht immerhin ein Ende der körperlichen Schmerzen. Da sind Wunden, von vorher. Wieso die wieder spüren?
Also auch Auferstehung - so schön, wie es klingt - hat mit Veränderung zu tun - und zwar mit einer grundlegenden und fundamentalen, möglicherweise sogar schmerzhaften Veränderung.
Und mit Chance!
Das gilt auch für uns. Die Chance einer Veränderung, die uns größer macht, die uns in unsere innere Größe wachsen lässt. Die uns Wachstumsschmerzen macht, uns aus der Komfortzone herausholt.
In etwas Größeres und Schöneres – in ein neues Leben, neue Beziehungen, neue Gemeinschaft und neue Gesellschaft.
Schauen wir es dem Frühling und Ostern ab und geben der Veränderung eine Chance! Überlassen wir uns einfach dem Leben, wie die Magnolien.